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Donnerstag, 14. Mai 2015

VERLOREN – GEFUNDEN, Folge III – Die Bücher MOHWEL, (M.-00--06---29./001), - in der dritten person -


Er hörte die stimme, doch war es seine eigene: verfluchter traum, wie lange habe ich geschlafen? - Er lag neben sich, in der dritten person. - Verfluchter traum, was war das gewesen. Irgendsowas mit einem ausgesetzten jungen, da war im fernsehen was drüber gewesen. Erinnert mich auch an einen anderen film. Das gute alte Kasper-Hauser-ding, dokumentarische form, Banse, Bense hieß der vater. ich frage mich, wie fingiert das war. - Er hatte die augen nun geöffnet, sah unscharf den rand der decke an seinen kinn. - Mit der zeit erinnert einen alles immer an irgendwetwas. Und dieser bunte vogel aus der werbung. War in jeder werbeunterbrechung. Von Truffaut oder Chabrol war dieser film damals und
in schwarz-weiss, ich verwechsele die beiden immer. Aber das vorhin--

Er hatte nun den Kopf leicht angehoben und blickte auf diverse verschiedene hohe ungeordnete stapel auf der gemaserten fläche; hardcovers, paperbacks, broschüren unterschiedlichster art, einzelne oder mit bindfaden oder gummiband zusammengehaltene blätter in din-a-4 und anderen formaten; manchmal bereits mit deutlichen eselsohren, darunter fotokopierte oder ausgedruckte seiten, die er sich noch nicht einmal angesehen hatte, selber nach bestimmten sich naturgemäss immer wieder gegenseitig überschneidenen themen vorgenommene zusammenstellungen in ordnern und mappen mit und ohne klemmschiene sowie haufenweise inlays, und hinter dieser szenerie erhob sich die plexiglaswand und gab eine rauchbraun getönte sicht auf halbherzig geordnete cd-rom und disketten-magazine frei.

Sein vom portable mitinszinierter tagtraum war noch immer als fade unangenehme stimmung in seinen schläfrigen gedanken präsent; dann aber fiel sein blick auf den an der stuhllehne eingehängten interceiver, und eine wohltuende sanfte genugtuung gewann oberhand. Das gerät war neu; die mit noppen bestzte cellophanhülle war zu boden geglitten und bedeckte nun eines der vier mattschwarzen zwillingsräder des alten Relax, der in seiner alten pragma-wg schon mehr als einmal als heisser spermüllkandidat gehandelt worden war.

Ein stück weiter, er hatte jetzt seinen kopf ganz an die couchkante gereckt und betrachtete das vielgestaltige muster auf dem boden, das ihm die sonne hinter seinen fenstern mit dem schatten seiner jalousien und seiner topfpflanzen boten, lag das längliche faltblatt: interceiver Nostradamus mit dem aktuellen bulletin 2.0 und schon für die nächste generation ausgelegt. das faltblatt lag mit der vorderseite nach oben; eine reihe einzelner, untereinander gesetzter wörter in nahezu abwechselnder folge grau oder orange gedruckt war darauf auszumachen, doch waren aus dieser entfernung und perspektive nur die grösseren, in helles orange gefärbten wörter zu lesen: - get - - set - - up - -.

Auffälliger und besser erkennbar als die schrift war die hinterlegte illustration, die die gesamte vorderseite des faltblattes als eine in gedeckte cremefarben gehaltene photographische darstellung einer grossraumbüroszene ausfüllte. Der hintergrund war so unscharf gehalten, dass in dem lichtdurchfluteten raum, der innerhalb dieses ausschnitts umstrukturiert wirkte, die konturen einiger vor den bildschirmen in ihren active-buchten sitzenden oder über die schulter der sitzenden schauenden stehenden mitarbeiter gerade noch als männlich oder weiblich und als von mittlerem alter erkennbar waren.

Im vordergrund jedoch und dunkler, in scharfen konturen gehalten und zum sich in weisse leere verlierenden hintergrund kontrastierend, ragte der schlanke körper einer jungen, bebrillten frau von kurz unterhalb der khakifarbene hosen gekleideten hüften bis zum dunkelblond dauergewellten scheitel in das bild. Eine durchgängige drehung von dem dem betrachter fast frontal zugewandten becken über die schmale nackte gebräunte taille und dem schwarzen top bis zu dem wiederum nackten gebräunten schultern fand ihre verlängerung und verstärkung in dem bis fast ganz ins profil abgewandten und etwas zur seite gesenkten gesicht helleren teints, das mit dem ausdruck zuversichtlicher neugier dem von ihrer schlanken, mit langen farblosen nägeln besetzten gebräunten hand in ihr blickfeld gehaltenen kieselgrauen und mit taubenblauen aufsatz ausgestatteten interceiver Nostradamus 2.0 alle aufmerksamkeit zukommen liess.

Das längliche, mit zahlreichen tasten und vier untereinander angeordneten displays ausgestattete gerät wies an der verdickung an seinem oberen ende einen winzigen screen auf, auf dem selbst in dieser verkleinerten darstellung und perspektivischen stauchung das signet von E - trans deutlich erkennbar war. Die mittleren beiden displays liessen malvenfarbene und fliederfarbene zeichen erahnen; die beiden anderen waren blind. Beim ersten blick auf das faltblatt war ihm für einen moment der ketzerische gedanke gekommen, es könne sich bei diesen um fake-displays handeln, - aber nein, sicher nicht beim Nostradamus - , und sie liess hier grau schimmernde oberflächen sehen.

Die seitenlage mit dem kopf auf der hand an der couchkante war ihm unbequem geworden. Der synthetisch wirkende wellensittich aus der tv-werbung drängte sich wieder in seine erinnerung, die Technicolor-farben - Theodore Köpfen; ich sollte mir ein paar humoristische gedanken um diese personifikation Theodore Köpfen machen - sagte er halblaut zu sich, - an die ich vorhin irgendwie denken musste -

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