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Mittwoch, 18. Dezember 2013

usbstick in sicheren händen


ort: flughafen antalya/türkei sicherheitskontrolle
zeit: 14. dezember 2014, ca. 04:15 uhr morgens
bei der sicherheitskontrolle lege ich meine habseligkeiten aus den taschen in eine box. meinen anorak obendrauf. in eine mulde in der kapuze des anoraks lege ich meinen schlüsselbund und meinen usbstick, den ich immer in meiner hosentasche bei mir trage. es ist eine sicherheitskopie mit dem inhalt meiner festplatte. die mulde habe ich extra gemacht, damit nichts herausfällt. schlüssel und stick liegen sicher darin wie die eier in einem vogelnest. -  meine sachen laufen in die röntgenmaschine und ich gehe durch die schleuse. es piepst. ich muss nocheinmal zurück und meine stiefel ausziehen. es piepst nicht mehr. ich ziehe meine stiefel wieder an. ich will schlüssel und stick als erstes in die hosentasche stecken: der stick fehlt!!! ich sage es einer der sicherheitsbeamtinnen. sie zuckt die schultern. ich werde bestimmter. die beamtin sagt in stockendem englisch, sie habe nicht gesehen, dass ich den stick in die box gelegt hätte, so könne ich auch nicht behaupten, dass der stick fehle. ich beharre aber darauf. eine junge beamtin, die für die boxen vor der maschine zuständig ist, tut unschuldig, zuckt die schultern, kann offensichtlich kein englisch oder tut nur so. schliesslich suchen mehrere beamte auf & unter der maschine nach dem stick. erfolglos. ich gehe protestierend durch die schleuse hin & her. -  ein mir fremder junger herr betritt die szene & sagt, er habe gesehen, wie die junge beamtin den stick einem anderen beamten zugeworfen habe & dieser sei nach hinten verschwunden. den stick beschrieb er als silbern, was stimmte. ich werde bestimmter & fordere die beamtin auf türkisch auf, unverzüglich dafür zu sorgen, dass der stick wieder auftaucht. ich sage ihr, dass wir einen zeugen hätten, der gesehen habe, wie der stick von der jungen beamtin einem anderen beamten zugeworfen worden  und der dann nach hinten damit verschwunden sei. die beamten wechseln worte, auf die ich aber nicht achte. schliesslich geht einer nach hinten, kommt nach kurzer zeit mit dem stick zurück & übergibt ihn erst der beamtin, dann die beamtin mir. sie sagt der stick sei wohl heruntergefallen und sie hätten ihn dem chef gebracht. aber warum taten sie dann alle so, als ob sie nach dem stick suchen??? - schlüssel & stick lagen so tief im 'nest' meines anoraks, dass der stick unmöglich herausgefallen sein konnte. der jungen beamtin an der box sah man ihr schlechtes gewissen an. erst nach bekanntwerden eines zeugen waren die beamten bereit, den stick mit einer faulen ausrede herauszugeben. ausserdem wäre es angebracht gewesen, angenommen der stick sei tatsächlich herausgefallen, die dort stehenden reisenden zu fragen, wem er gehöre.                                                                                      
h.g. 151213

Donnerstag, 5. Dezember 2013

insulae


In dem Feature 'insulae' von Hartmut Geerken werden drei Inseln akustisch vorgestellt, die geografisch und atmosphärisch nicht weiter voneinander entfernt sein könnten: die bekannteste ist das seit Jahrzehnten vom Tourismus bevölkerte Bali, die unbekannteste nannte Homer Ogygia; sie ist der südlichste Fels Europas, eine vergessene Insel mit nur 30 ständigen Bewohnern, 120 Meilen von der libyschen Küste entfernt, aber noch zu Griechenland gehörend, obwohl immer wieder auch die Türkei Territorialansprüche stellt. Im Staatsvertrag zwischen Griechenland und der Türkei wurde nämlich vergessen, diese Insel mit aufzunehmen. Man sagt, dass dort Kalypso gehaust und Odysseus jahrelang festgehalten habe.
Die dritte 'Insel' ist von besonderer Art. Der berliner Philosoph Salomo Friedlaender/Mynona schafft sich nach der Vertreibung aus seiner Heimat in den Jahren 1933 bis zu seinem Tod 1946 in einer winzigen Sozialwohnung in Paris und unter katastrophalen ökonomischen und politischen Verhältnissen seine eigene, nur auf seiner inwendigen Landkarte verzeichnete Insel. Er nennt sie 'ICH-Heliozentrum'. Friedlaenders Grundgedanke ist, dass sich jedes Individuum im Innern sein eigenes Sonnensystem erschaffen soll, analog dem der kopernikanischen Revolution in der Astronomie, denn der Einzelne, daher auch die Gesellschaft ist bis heute ptolemäisch ausgerichtet, mit der Erde im Mittelpunkt des Denkens.  Dies soll sich ändern, indem jeder Einzelne seine eigene innere Sonne kultiviert, um die der ganze planetarische Alltag zu kreisen hat. Alles Äußere würde sofort verbrennen, wenn es in die Nähe dieser inneren Sonne käme. Nur unter den Bedingungen des ICH-Heliozentrums sei der Weltfrieden garantiert, sagt Friedlaender, und nicht durch Staatsgrenzen, Parteien, Religionen, die zwangsläufig immer wieder ins Chaos münden. - In extremer Armut dahinvegetierend hat Friedlaender diesen Gedanken in unermüdlicher Frische sein Leben lang weiter entwickelt und wurde dadurch zu einer Art Insel inmitten der Unbilden von widerstreitenden Meinungen.
Diese drei durch Meer oder Gesellschaft isolierten Inseln werden in 'insulae' akustisch präsent durch aktuelle Aufnahmen von ungewohnt exotischen Geräuschen, durch hochkomplexe balinesische Musik, durch Stille und durch eine Stimme, die aus den Exil-Tagebüchern Friedlaenders aus den vierziger Jahren des letzten Jahrhunderts bestimmte Passagen artikuliert. Die Auswahl dieser Zitate blieb dem Zufall überlassen. Es sind kurze Sequenzen und Notizen die gerade erst vor wenigen Wochen aus den handschriftlichen Tagebüchern transkribiert wurden und bisher unveröffentlicht sind.
Schrille Aufnahmen vom Vorabend des balinesischen Neujahrsfests 'Nyepi' werden von Friedlaenders Sätzen tangiert, die in der stillen Atmosphäre eines Apollotempels oder der absoluten Abgeschiedenheit einer Schlucht auf der vergessenen Mittelmeerinsel gesprochen werden. Dadurch werden unterschiedliche akustische Räume wahrgenommen. Die Entfernungen der Inseln voneinander schrumpfen durch die Mischung ihrer jeweils typischen Sounds.
Verschiedene Formen von Glück gehören zum Thema. Ein balinesischer Gecko verheisst Glück, wenn er sieben- oder, noch besser, neunmal hintereinander seinen Ruf 'to-kee' vernehmen lässt. Die Isolation und Stille auf einem vergessenen Eiland und das Eingebundensein in die natürlichen Abläufe können, wenn man es zulässt, allumfassende Glücksgefühle hervorrufen. Und ein aus seiner Heimat verjagter Philosoph kann sich, sogar noch in akuter Lebensgefahr in eine Insel der Glückseligen hineindenken, auch wenn der Alltag dies für unmöglich erscheinen lässt.

Regie, Tonaufnahmen, Sprecher: Hartmut Geerken
Texte: Salomo Friedlaender/Mynona
Musik: Satya Brasta, Ubud, Bali

Mittwoch, 4. Dezember 2013

Von der Sylt Quelle zum Afrika Wunderhorn


Elektronikengels Botschaft # 7 - Von der Sylt Quelle zum Afrika Wunderhorn

Zu Gast ist Indra Wussow; Unternehmerin, Stifterin und Herausgeberin

Am Mikrofon: Hartmut Andryczuk

14 Jahre Sylter Inselschreiber - Literaturwissenschaft und Exportmanagement - Getränke und Granatäpfel - Importe aus Aserbaidschan - Kulturelles Zentrum Sylt - Sylt Quelle, Mineralbrunnen und Glaspavillon - Exklusives Mineralwasser mit höherem Jodgehalt -  Stiftung kunst:raum sylt quelle - Valeska Gert in Kampen - Eine nicht realisierte Gästebuchausstellung - Oliver Schmitz - Insel der Reichen und Schönen oder der Reichen und Doofen? - Gentrifiziertes Hörnum - Golfkurse und Direktflüge nach Schottland zu den wahren Links-Plätzen - Puppenstubenlandschaften - TUI Dorfhotel in Rantum - Ausstellung zur Militärgeschichte Sylts - Ein Jachtverein, der Herman Göring gedenkt - Flugboote im Rantum-Becken - Literaturautomat von SuKuLTuR - 1 Euro-Lesehefte bekannten Autoren - Johannesburg - Neue Formen von Kolonialismus - Kulturelle Klischees - Engagement und Selbstausbeutung - Afrika Wunderhorn, Literatur der Diversität - Helon Habila - Buchmesse in Lagos - Open City - National Arts Festival in Grahamstown - Kulturförderumg in Südafrika - No Gated Community - Armut und Reichtum in Johannesburg - Nairobi - Kibera, der größte Slum Afrikas - Mittelstand in Soveto - Vokabelkrieger, ein Künstlerbuch-Projekt  - Risiko und Grenzgänger 

2002 gründete Indra Wussow auf Sylt die von ihr geleitete private Stiftung kunst:raum sylt quelle. Die Stiftung fördert mit Stipendien, Ausstellungen, Aufführungen, Veröffentlichungen und Vortragsreihen Künstlerinnen und Künstler unterschiedlicher Nationen sowie den Dialog zwischen Wissenschaft, Kunst und Sozialem. 2008 eröffnete Indra Wussow eine Dependance der Stiftung in Johannesburg, das Jozi art:lab. Dort und auf Sylt begegnen sich seither auf Einladung der Stiftung regelmäßig westeuropäische und afrikanische Künstler und Schriftsteller, um an eigenen und gemeinsamen Projekten zu arbeiten. Zu den von Indra Wussow innerhalb der Stiftung ins Leben gerufenen Preisen gehören der Literaturpreis „Inselschreiber“ (unter den bisherigen Preisträgern u.a. Terézia Mora, Juli Zeh und Judith Kuckart), der gemeinsam mit der Zeitschrift Photonews vergebene „Sylt Preis für zeitgenössische Fotografie“ und der gemeinsam mit dem Goethe-Institut vergebene „Sylt Quelle Cultural Award for Southern Africa“, der Kultur und Soziales verknüpft.

Sendung im freien Künstlerradio reboot.fm am Samstag, den 7. Dezember 2013, 20 Uhr

88,4 MHz Berlin & Live-Stream: http://reboot.fm

kunst:raum sylt quelle: http://www.krsq.de/de/index.php

jozi art:lab http://www.jozi-artlab.co.za/en/index.php




Dienstag, 3. Dezember 2013

Biennale Buchkunst Weimar – I sold the nacked Nietzsche

Message to Dr. H.: I sold the nacked Nietzsche

Zum vierten Mal fand am Wochenende die Biennale Buchkunst Weimar statt, die im Jahre 2007 von Gudrun Illert initiiert wurde. Der Besuch war sehr gut, die Stimmung unter den Ausstellern ebenfalls, die Verkäufe zufriedenstellend. Der Oberbürgermeister der Stadt erklärte am Stand, dass das meiste Geld in den Kommunen für Standards ausgegeben werden würde. Also zum Beispiel nicht für den Bau eines neuen Radwegs sondern für das Gutachten zu einem neuen Radweg. 

Wie viel Geld hätte die Städten, Kommunen und Gemeinden ohne Gutachter und Anwälte zur Verfügung? Zum Beispiel für „bibliophile Kostbarkeiten, Originalgrafiken, Malerbücher, limitierte Handpressendrucke, Unikatbücher bis hin zu Buchobjekten von hoher künstlerischer und handwerklicher Qualität“ – wie die Stabsstelle "Kommunikation und Protokoll" der Stadt Weimar die 4. Buchkunst Weimar ankündigte. 

Besuche bei kleinen lokalen Messen sind immer inspirierend und man trifft dort neben Gleichgesinnten auch unerwartete Persönlichkeiten wie einen Anti-Gropius-Philosophen aus den USA. Manche Sammler sind inzwischen auch von den größeren Buchmessen wie Leipzig oder Frankfurt genervt und wenden sich den kleineren Veranstaltungen zu.

Was Weimar angeht, ist dort der Sammelort für Künstlerbücher die Anna-Amalia-Bibliothek und zur Buchkunst Weimar gab es im Vorfeld eine Art Preisausschreiben zu „Shakespeare“ - mit dem Ankauf der prämierten Künstlerbücher. Das muss man nicht mögen und daran braucht man sich auch nicht beteiligen. Für andere hingegen ist das vielleicht eine Chance, etwas Geld zu verdienen. Wie auch immer: Harry Graf Kessler hätte sich an solchen Projekten sicher nicht beteiligt. 

Dieser Eindruck soll aber nicht das Positive der Buchkunst Weimar schmälern. Hier ist dank Gudrun Illert etwas Gutes entstanden. Letztendlich sind es immer Menschen, die Projekte gestalten und fördern und nicht Institutionen, Kommunen oder Stiftungen.

Teilnehmer der 4. Buchkunst Weimar waren:
Tina Flau (Atelier Flau), Gudrun Illert (Atelier G), Andreas Hegewald (BUCHENpresse), Jens Henkel (burgart-presse), Sabine Golde (Carivari), Peter Zaumseil (Dreier Press), Henry Günther (Edition Balance), Rainer Ehrt (Edition Ehrt), Rolf Lock (Edition Lock), Reinhold Nasshahn (Einhand Presse), Frank Eißner (Frank Eissner Handpresse), Caroline Saltzwedel (Hirundo Press), Hartmut Andryczuk (Hybriden-Verlag), John Gerard (John Gerard), Christian Ewald (Katzengraben-Presse), Felix Martin Furtwängler (Privat-Presse-Berlin), Reinhard Scheuble (Quetsche, Verlag für Buchkunst), Peter Zitzmann (schPeZi-Presse), Bettina Haller u.a. (Sonnenberg Presse Chemnitz und Kemberg), Uwe Warnke (Uwe Warnke Verlag)

MDR-Trailer: Minute 7:58 bis 8:23
http://www.mdr.de/mediathek/suche/video163684_zc-485c01ae_zs-d23ba9ff.html

Buchkunst Weimar – Atelier G
http://www.illert.com/7.html