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Freitag, 31. Juli 2015

Die Hauptstraße von Koserow

Die Gemeinde Koserow auf der Insel Usedom
hat ein Logo

Die Hauptstraße von Koserow ist im Sommer ein Ort des Schreckens. Hier in der Mitte der Insel trifft sich alles, was nach Zinnowitz und Peenemünde will oder aber zu den sogenannten Kaiserbädern. Horden von Fahrradfahrern in bunten Regencapes und martialischen Helmen, Bollerwagen mit Kinderladungen; die Haare blau gefärbt. PKWs und Inselbusse, Motorräder und Feriengäste in Dreiviertelhosen. Wie werden spätere Generationen diese Straßenszenerie einmal beurteilen? Das Phänomen der Dreiviertelhosen und Badelatschen, in denen adipöse Mittdreissiger bis Mitfünfziger stecken. Die meisten Frauen an den Knöcheln mit phantasielosen Motiven tätowiert: Delphine und Rosenstöcke, ein schüchterner Stern. 150-Kilogramm-Männer mit dem T-Shirt-Aufdruck „Doppelaxel“. Ein Paar Mensch, das zusammen vielleicht 400 kg auf die Waage bringt. Er, 1 Meter 95 groß, mit immensen Ohrlöchern und weissen Plastikinnenringen, die die Hörorgane fast waagerecht abstehen lassen. Sie etwa halb so groß wie er mit pechschwarz gefärbten Haaren und natürlich knöcheltätowiert mit einer schwarzen Rose. Tellerlippenfrauen mit Totenkopf-Glitzer-T-Shirts sind noch nicht da. Krampfader-Tribals auch nicht. Vielleicht im nächsten Jahr. 50jährige Frauen mit Undercut-Frisuren, eine Hälfte rasiert mit Färbespuren, die andere normal. Ansonsten Sebstbedienungs-Bäckereien, Lotto-Läden, das N-Hotel, Best Western Hanse Kogge, Tapas-Restaurants, Ferienwohnungen mit Metallzäunen und Reetdach. Und manche der Sitzenden und Verzehrenden in den Cafés, Schlachtereien-Imbissen und Restaurants haben etwas Glotzendes. Sie schauen nicht, sie glotzen in provozierender Stumpfsinnigkeit. Falle ich etwa auf, weil ich keine Dreiviertelhose trage und nicht an den Knöcheln tätowiert bin?



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