Ende September / Anfang Oktober erscheint von Jaap Blonk eine neue Edition mit CD unter dem Titel Sprachspuren / Traces of Speech. Label: Hybriden-Verlag, mimas atlas # 13.
Zu Sprachspuren
Um 1985 habe ich angefangen, Lautpoesie zu schreiben. Zuerst benutzte ich das übliche lateinische Alphabet, mit unterschiedlichen Sprachweisen für die individuellen Gedichte (niederländisch, deutsch, französisch, englisch). Aber nach einigen Jahren fand ich es zu einschränkend. Nach dem Studium des Internationalen Phonetischen Alphabets (IPA) wurde es möglich, verschiedene Sprachformen desselben Buchstabens in einem Text einzusetzen, um Gedichte mit einer größeren Klangvarietät zu schaffen.
Allzu bald entdeckte ich, dass das IPA für viele meiner geläufigen Stimmklänge keine Symbole hatte, und ich fing an, es zu mit meinen erfundenen Zeichen zu erweitern. Es wuchs zu einem - permanent unvollendeten - System, das ich zur Zeit für die funktionellen Lautpoesiepartituren benutze: BLIPAX (Blonk's IPA Extended).
Dann stellte sich heraus, dass viele der BLIPAX-Symbole mit ihrem Dasein als bloße, tote Buchstaben nicht zufrieden waren. Immer wieder haben sie ihre Formen gleichsam unter meinen Händen beim Verfassen einer Notation geändert. So entstanden Zeichnungen, die zwischen Lautpoesie und visueller Poesie leben: Sprachspuren.
Die Grundidee für dieses Buch mit CD war: erstens, die Zeichnungen in elektronische Klänge zu verwandeln – durch das Importieren (meistens als Rohdatei) in Audioprogramme, und zweitens, sie in (englische und deutsche) Texte umzusetzen – mit einer Software für optische Charaktererkennung (OCR). Jede der drei Formen (Bild, Klang und Text) wurde dann weiter verwandelt.
Beim Lesen der Texte war das Interpretieren der massenhaft vorkommenden Interpunktionszeichen die größte Herausforderung. Hier habe ich versucht, durch Anwendung radikal verschiedener Lesarten Variationen zu erschaffen.
Das Buch hat sieben 'Kapitel'. Jedes hat sein eigenes Thema, und jedes beginnt mit einer handgefertigten Zeichnung, setzt dann fort mit einigen digitalen Verwandlungen und endet mit zwei Versionen der aus dem ersten Bild resultierenden OCR-Texte.
Auf der CD sind elektronische Klänge und Textvorträge der verschiedenen Themen zu Klangumgebungen kombiniert, wobei ich keinerlei persönlichen Ausdruck angestrebt habe.
About Traces of Speech
Around 1985 I started to write sound poetry. At first I used the common Latin alphabet, with different pronunciations for the individual poems (Dutch, German, French, English). But after a few years I found this too much of a limitation and learned the International Phonetic Alphabet (IPA), making it possible to use different pronunciations of the same letter in one text. So I could create poems with more variety of sound color.
However, only too soon I found out that the IPA did not have symbols for many of the voice sounds I used to make, and started to extend it with signs of my own invention. This developed into the - ever unfinished - system I am using now for functional sound poetry scores: BLIPAX (Blonk's IPA Extended).
It turned out that many of the symbols of BLIPAX were not contented with an existence as dead letters, but took on a life of their own. They kept changing their form, as it were, under my hands as I was trying to notate a score. It resulted in drawings that live somewhere halfway between sound poetry and visual poetry: Traces of Speech.
The basic idea for this book/CD package was: firstly, converting the drawings into electronic sound by importing them (mostly as raw data) into audio software, and secondly, converting them into texts (in English and German) through Optical Character Recognition (OCR) software. Each of the three forms (drawings, sound and texts) were then subjected to further treatment.
In the case of the texts I got, the greatest challenge in reciting them was the interpretation of the multitude of punctuation signs. I tried to create some variation by doing it in radically different ways.
The book has seven 'chapters'. Each has its own theme, and each begins with a handmade drawing, followed by some digital treatments of it, and ending with two versions of the OCR texts created from it.
On the CD I combined electronic sounds and text recitations of the different themes into seven sound environments. Here I refrained from pursuing any personal expression.
Hörprobe / Demo:
http://soundcloud.com/hartmut-andryczuk/jaap-blonk-true-secret
http://www.revistalaboratorio.cl/2012/06/poesia-sonora-3/