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Donnerstag, 27. September 2012

Lichtblick Mondmusik



Handbuch für den Forentroll
Vor einigen Wochen bekamen wir Angebot für ein Buchprojekt. Da wir aber immer nur 1 bis 100 Exemplare veröffentlichen, sind wir wohl der falsche Ansprechpartner. Wir schlugen dem Autor vor, hier sein Gesuch zu veröffentlichen, hörten aber nichts mehr von ihm. In seiner Kettenmail schrieb er folgendes:

„In einem "Handbuch für Forentrolle" möchte ich im Stil eines Ratgebers die Handlungsmuster und Taktiken der Trolle zusammenfassen. Das ist für sich eine recht kurzweilige Sache, bietet aber auch Troll-Gegnern und Administratoren weitreichendes Handwerkszeug für die Entwicklung von Gegenstrategien. Auf diese Weise wird beiden Seiten gedient, insgesamt aber das Trollthema transparenter gemacht und dadurch zu einem besseren Verständnis des Trolls und seiner Ziele beigetragen. Das Buch hilft dadurch mit, die Streitkultur in Internetforen zu verbessern.“

Hm, irgendwie klang uns dieser Text zu sehr nach XING-Netzwerk. Dort waren wir einmal zwei Tage lang, hatten den Eindruck, dass dies ein riesiges Stellengesuch-Netzwerk ist und meldeten uns gleich wieder ab. 


Nichts Neues aus der Spam-Wüste

Unsere Spam-Roboter haben nichts zu tun. Vielleicht können sie ja ihre Zeit dazu nutzen, ein eigenes Ich zu entwickeln. Außer den Spendenaufrufen von Michelle und Barack Obama, Joe Bidden und den namenlosen Vertretern seines Wahlkampfteams findet sich nichts Spektakuläres in unserem Postfach. Keine Witwen, die uns 10 Millionen $ überweisen wollen und keine Ölingenieure, die Kunst erwerben möchten. 


Mondmusik

Ein Lichtblick hingegen war für uns uns eine Sendung von Gundi Feyrer mit sehr seltsamer Tanzmusik. Daraus veröffentlichen wir gleich eine CD unter dem Titel "Mondmusik". Getanzt wird aber nicht auf dem „Meer der Ruhe“ unseres Erdtrabanten sondern entlang den Methanflüssen und -seen auf dem Saturnmond Titan.

Eine Hörprobe kann man hier finden:

http://soundcloud.com/hartmut-andryczuk/gundi-feyrer-mondmusik-no-5


In der „Neuen Züricher Zeitung“ wurde Gundis letzter Roman Die Trinkerin oder mein Leben und ich besprochen.

http://www.nzz.ch/aktuell/startseite/er-und-es-1.17635157

Dienstag, 25. September 2012

Wolfgang Müller - MÜLLUNG

Konzeptkunst für Unternehmensberater?


Zur Frankfurter Buchmesse erscheint ein neues Künstlerbuch von Wolfgang Müller im Hybriden-Verlag. Das vorliegende Material dieser MÜLLUNG wurde innerhalb eines Jahres gesammelt, zusammen gestellt und zeigt Fundstücke, Notizen, Korrespondenzen, Typoskripte, Zeichnungen u.v.a.m. 

Themen sind dabei zum Beispiel Wolfgang Müllers Ableben in der Genios Deutschen Wirtschaftsdatenbank, Alternativen zu leicht brennbaren Adventskerzen und missionsallergische Atheisten (W.M.). Wir bekommen Einsicht in die Gema-Korrespondenz mit "Wolfgang Müller-Wolf", findern eine Autogrammkarte mit Verfallsdatum, handschriftliche Notizen zu der merkwürdigen Frage "Was war gut an Berlusconi?" oder auch "Welche konkreten Weltverbesserungsmaßnahmen hast du 2011 erbracht?"

Die Typoskripte "Séance Vocibus Avium" (Karl Sczuka-Preis) und "Wísk niwáhsen wísk nikahseriiè:take kanien’kéha wa’katéweienste" oder "Learning Mohawk in fifty-five minutes" sind vollständig in die MÜLLUG eingebunden und mit Originalzeichnungen erweitert. Weitere Notizen finden sich zu "Wittgenstein in Island" und auf Carsten Höllers Einladungskarte zu seiner Ausstellung "SOMA" im Hamburger Bahnhof: DER KÜNSTLER WIRD PERSÖNLICH ANWESEND SEIN: ER IST DER ORIGINALE WEIHNACHTSMANN! 

Weitere Themen-Highlights sind: besamte Papierflugzeuge, feenhafte Grüße von Aurora Anne, Bettelbriefe für die erweiterte Ausgabe von "Rotkäppchen" sowie das Theaterstück "Eulenspiegel und die Banane" in vier Akten. 

Neben einer Amazon-Rezension zu erotischen Handyledertaschen folgt ein Fundstück zum "Obervogelgesang" sowie zu den Psycho-Allüren einer kuratorischen Vertretung. 
Und: werden Gäste in der Samoa-Strand-Sauna auf Sylt immer gefragt, ob sie sauber seien? 

Natürlich ist die Welt voller dummer und böser Menschen. Und es gibt auch Kunst-Stalker, die neidisch auf den Erfolg ihrer Kollegen sind. 

Die MÜLLUNG erscheint in einer Auflage von einem Exemplar. 

Montag, 17. September 2012

Sun Radio



Eben erreichte uns eine Mail von Charles Blass für sein neues Radioprogramm (mit einigen Sounds aus dem Hybriden-Verlag):


this Monday 17 September
6 hours starting
midnight local Zurich Switzerland time
6pm NYC USA
3pm California
noon Hawaii

streaming audio listening link:
http://lora.ch/programm/webradio

Featuring New Releases:

3 Trees (feat. Tomchess)
Adam Rudolph and Ralph M. Jones:  Merely A Traveler On The Cosmic Path
Ben Tyree:  Thoughtform Variations
Father Figures:  Bad Bad Birds
Franck Biyong:  KI I YE YI
Kiran Ahluwalia:  Aam Zameen-Common Ground
Phall Fatale:  Charcoal from Fire
Rickie Lee Jones:  The Devil You Know
Sean Noonan:  A Gambler's Hand
Yenbanwa:  Into the Dragon's Triangle

(from Wide Ear, Zurich CH http://www.wideearrecords.ch/)
Things to Sounds:  Transformations
Raffaele Bossard's Junction Box:  Adumbration
Periskop:  Wundersam

(from PMRecords, New York US http://pmrecords.com)
European Jazz Motion:  Odysseia

(from Hybriden-Verlag, Berlin DE www.hybriden-verlag.de)
Various Arists:  The International Waitawhile Sun Ra Conventions (5-discs)
Maja Jantar:  Paralipomena
Team Ganz Schwan:  Ganz Schwan
Hartmut Geerken:  Die Monche von Err-ling

(from Cuneiform Records, Maryland US http://www.cuneiformrecords.com/)
Positive Catastrophe:  Dibrujo, Dibrujo, Dibrujo...
São Paulo Underground:  Três Cabeças Loucuras
Joel Harrison, Lorenzo Feliciati, Cuong Vu, Roy Powell, Dan Weiss:  Holy Abyss



Quelle/Source:
http://www.lovevolv.org/2012/09/return-of-sun-radio-monday-17-sept-2012.html

Archiv:
http://www.mixcloud.com/SunRadio/sunradio_sept2012_set8/

Sonntag, 9. September 2012

Hallelujah



Ich war noch nie in der Berliner Waldbühne, obwohl ich bereits seit 26 Jahren in dieser Stadt lebe. Für manche Menschen ist das nicht nachzuvollziehen. Die verpassen aber auch kein Konzert von Herbert Grönemeyer, Mark Knoepfler oder auch Neil Young. Heute spielt Leonard Cohen dort, wie beinahe jedes Jahr. Gegen den kann man eigentlich nichts haben, aber 65 Euro für ein Konzert mit Songs ausgeben, die man bereits alle in der iTunes-Bibliothek hat? Heute gehe ich einfach nur mit - sozusagen als begleitendes Geburtstagsgeschenk. Ich bin die zweite Gratis-Karte, wäre aber viel lieber Zuhause geblieben. Der Weg von Schöneberg bis zum Cohen-Konzert ist weit. Wir schließen uns der Herde an, die das Olympiastadion passiert und von dort aus noch ca. 10 Minuten zur Waldbühne braucht. Die Menschen in der Herde sind zurückhaltend, besinnlich, introvertiert. So stelle ich mir die Stimmung auf einer Wallfahrt vor oder eine Pilgerreise auf dem Jakobsweg in seiner Mini-Variante. Auch am Eingang zum Veranstaltungsort geht es gesittet und rücksichtsvoll zu. Niemand drängelt oder ist ungeduldig. Das Konzert hat schon angefangen. Wir haben Plätze auf den oberen Rängen. Von dort aus ist Leonard Cohen etwa 5 cm groß. Die Songs, die gespielt werden, sind allen bekannt, aber deswegen sind sie ja hier. Ab und zu ein neues Stück, sehr selten. Gelegentlich singt Cohen auf den Knien, was schon mal als Demutsgeste vor seinem Publikum interpretiert wurde. Wahrscheinlich hat er in dieser Haltung, die er lange in der Zen-Meditation praktiziert hat, mehr Kraft und Stabilität. Mittlerweile ist der Mann ja auch schon 77 Jahre alt. In der Dämmerung leuchten die Smartphone-Displays. Sie haben Wunderkerzen und Taschenfeuerzeuge abgelöst. Am Bierausschank sehe ich Ben Becker. Der sieht genauso schlecht aus wie im TV. Wahrscheinlich ist er sich bewusst darüber, Ben Becker zu sein und setzt eine dicke Sonnenbrille auf, obwohl die Sonne gerade unter geht. Den Promi haben neben mir auch zwei Frauen entdeckt. Die kommen aus Paderborn und ich mit ihnen ins Gespräch. Hat Paderborn Fachwerkhäuser? Wenige. Sie sind extra wegen des Cohen-Konzerts angereist. Das machen sie jedes Jahr so. Eine der beiden Frauen trägt weiße Leggings. Ich kann nicht mehr stehen, suche einen Sitzplatz abseits der Bühne. Es gibt keinen. Also gehe ich in den Wald, setze mich in das Laub und rufe einige E-Mails ab. Nichts besonderes: Amazon-Marketplace und ein Spendenaufruf von Michelle Obama. Das Konzert geht zu Ende. Cohen spielt "Hallelujah". Dabei erstrahlen die Scheinwerfer auf der Bühne in einem blendend weißen Licht. Wenn so das klare weiße Urlicht aussieht, worin man nach dem Tode eingehen soll, um erleuchtet zu werden, dann möchte ich lieber im Zwielicht bleiben. Eine Dame lächelt mich in einer Bude an und sagt etwas. Ich verstehe sie nicht und frage nach. Wollen Sie ein Fischbrötchen? Nein danke. 

Freitag, 7. September 2012

Sprachspuren / Traces of Speech



Ende September / Anfang Oktober erscheint von Jaap Blonk eine neue Edition mit CD unter dem Titel Sprachspuren / Traces of Speech. Label: Hybriden-Verlag, mimas atlas # 13. 

Zu Sprachspuren

Um 1985 habe ich angefangen, Lautpoesie zu schreiben. Zuerst benutzte ich das übliche lateinische Alphabet, mit unterschiedlichen Sprachweisen für die individuellen Gedichte (niederländisch, deutsch, französisch, englisch). Aber nach einigen Jahren fand ich es zu einschränkend. Nach dem Studium des Internationalen Phonetischen Alphabets (IPA) wurde es möglich, verschiedene Sprachformen  desselben Buchstabens in einem Text einzusetzen, um Gedichte mit einer größeren Klangvarietät zu schaffen.

Allzu bald entdeckte ich, dass das IPA für viele meiner geläufigen Stimmklänge keine Symbole hatte, und ich fing an, es zu mit meinen erfundenen Zeichen zu erweitern. Es wuchs zu einem - permanent unvollendeten - System, das ich zur Zeit für die funktionellen Lautpoesiepartituren benutze: BLIPAX (Blonk's IPA Extended).

Dann stellte sich heraus, dass viele der BLIPAX-Symbole mit ihrem Dasein als bloße, tote Buchstaben nicht zufrieden waren. Immer wieder haben sie ihre Formen gleichsam unter meinen Händen beim Verfassen einer Notation geändert. So entstanden Zeichnungen, die zwischen Lautpoesie und visueller Poesie leben: Sprachspuren.

Die Grundidee für dieses Buch mit CD war: erstens, die Zeichnungen in elektronische Klänge zu verwandeln – durch das Importieren (meistens als Rohdatei) in Audioprogramme, und zweitens, sie in (englische und deutsche) Texte umzusetzen – mit einer Software für optische Charaktererkennung (OCR). Jede der drei Formen (Bild, Klang und Text) wurde dann weiter verwandelt.

Beim Lesen der Texte war das Interpretieren der massenhaft vorkommenden Interpunktionszeichen die größte Herausforderung. Hier habe ich versucht, durch Anwendung radikal verschiedener Lesarten Variationen zu erschaffen.

Das Buch hat sieben 'Kapitel'. Jedes hat sein eigenes Thema, und jedes beginnt mit einer handgefertigten Zeichnung, setzt dann fort mit einigen digitalen Verwandlungen und endet mit zwei Versionen der aus dem ersten Bild resultierenden OCR-Texte.

Auf der CD sind elektronische Klänge und Textvorträge der verschiedenen Themen zu Klangumgebungen kombiniert, wobei ich keinerlei persönlichen Ausdruck angestrebt habe.



About Traces of Speech

Around 1985 I started to write sound poetry. At first I used the common Latin alphabet, with different pronunciations for the individual poems (Dutch, German, French, English). But after a few years I found this too much of a limitation and learned the International Phonetic Alphabet (IPA), making it possible to use different pronunciations of the same letter in one text. So I could create poems with more variety of sound color.

However, only too soon I found out that the IPA did not have symbols for many of the voice sounds I used to make, and started to extend it with signs of my own invention. This developed into the - ever unfinished - system I am using now for functional sound poetry scores: BLIPAX (Blonk's IPA Extended). 

It turned out that many of the symbols of BLIPAX were not contented with an existence as dead letters, but took on a life of their own. They kept changing their form, as it were, under my hands as I was trying to notate a score. It resulted in drawings that live somewhere halfway between sound poetry and visual poetry: Traces of Speech.

The basic idea for this book/CD package was: firstly, converting the drawings into electronic sound by importing them (mostly as raw data) into audio software, and secondly, converting them into texts (in English and German) through Optical Character Recognition (OCR) software. Each of the three forms (drawings, sound and texts) were then subjected to further treatment.

In the case of the texts I got, the greatest challenge in reciting them was the interpretation of the multitude of punctuation signs. I tried to create some variation by doing it in radically different ways.

The book has seven 'chapters'. Each has its own theme, and each begins with a handmade drawing, followed by some digital treatments of it, and ending with two versions of the OCR texts created from it.

On the CD I combined electronic sounds and text recitations of the different themes into seven sound environments. Here I refrained from pursuing any personal expression.

Hörprobe / Demo:

http://soundcloud.com/hartmut-andryczuk/jaap-blonk-true-secret

http://www.revistalaboratorio.cl/2012/06/poesia-sonora-3/