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Dienstag, 3. September 2013

Kunsttiefschule

Bei einem kleinen Messe-Lagerkoller
beginnt man folgende Texte zu schreiben

Guten Tag, mein Name ist Wilfried Hansen. Ich bin der Sohn des berühmten Physikers Rasmus Hansen. Aufgewachsen bin ich in den großbürgerlichen Bezirken von Oslo. Den Herrn Breivik kannte ich nur vom Sehen in der Parallelklasse. Ein Bekannter war im gleichen Schützenverein wie er.
Studiert habe ich "freie Kunst" in der Kunsttiefschule in Trelleborg - leider ohne Abschluss. Danach absolvierte ich ein Praktikum in einer französischen Webdesign-Firma und erwarb die firmeneigene Domain visage-libre.com für 10.000 € - in der Hoffnung auf eine Festeinstellung. Aber leider übernahm mich die Firma nicht. 
Ich übersiedelte nach Deutschland und wohnte in der Nähe des Ammersees in einer kleinen Scheune. Dort begann ich zu schreiben und bewarb mich dann für den Ingeborg-Bachmann-Preis, den ich nicht gewann. Sämtliche Stipendien für die ich mich als Autor bewarb, bekam ich nicht. Auch nicht den kleinsten Literaturpreis. Als Bewerber für den Mainzer Stadtschreiber belegte ich den 3590. Platz. 
Da es also auch nichts mit der Schriftstellerei wurde, bewarb ich mich in den folgenden Jahren als Teppichreiniger, Art Director für die Art Basel, Fahrradkurier, Verkäufer im Apple Store Berlin und München und als Datenauswerter bei diversen Teilchenbeschleunigern. Für all diese Tätigkeiten wurde ich nicht für einen einzigen Tag eingestellt. Dennoch bin ich nach wie vor voller Tatendrang - egal, ob ich begabt bin oder nicht. Meine Natur ist es einfach, optimistisch zu sein.

Donnerstag, 29. August 2013

Keine Karten, keine Kränze - und ganz viel Feuilleton

Figur 266, Blatt 242

"Vor drei Jahren noch war ich ein winziger Punkt in einer Punktwolke, reine Mathematik, kein Individuum, das hatte mir gefallen. Jetzt weiß ich nicht mehr. Keiner weiß."

Arbeit und Struktur, 28.3.2013

Google-Einträge & Suchbegriffe:

"Herrndorf": 865.000 results in 0,23 seconds
"Herrndorf tot": 198.000 results in 0,34 seconds
"Herrndorf Hohenzollernkanal" 69 results in 0,17 seconds

Stand: Donnerstag, 29. August, 19 Uhr 39




Samstag, 24. August 2013

Es Peh Deh

Das Wir entscheidet - Reform der Reform jetzt!


Die SPD hat in ihrem Wahlkampf ihre linken Wurzeln wiederentdeckt. Mindestlohn, Reichensteuer light, Steuergerechtigkeit, Bankenregulierung etc. "Das Wir entscheidet". 
Mit den Grünen in der Koalition wird diese Gesellschaft wieder gerechter. Dem Daten-Messie fällt es schwer das zu glauben. Warum sollte ausgerechnet eine Regierung, die noch vor einigen Jahren für eine unsoziale Politik stand und die asozialen Hartz-4-Gesetze erlassen hat, nun eine soziale und gerechtere Wende in dieser Gesellschaft bringen? Und das mit dem Slogan einer Leiharbeitsfirma? 
Die SPD hat einen Kanzlerkandidaten, die niemand als Kanzler wirklich will und den die Mehrheit in dieser Gesellschaft nicht glaubt. Ein Kandidat, der „klare Kante“ redet und den Banken „die Levithen lesen will“. Bankenvorstände, Wirtschaftsverbände und vermutlich auch Hedge-Fond-Manager haben aber bereits schon lange seinen Unterhaltungswert erkannt und ihn seit Jahren gebucht. Peer Steinbrück, Hardliner und Pragmatiker unter Gerhard Schroeder, Freund des unsäglichen Ex-Superministers Wolfgang Clement, will jetzt die Führung in diesem Land übernehmen. Was in der gemeinen Rezeption zu seiner Person als authentisch und ehrlich gilt, ist vielleicht einfach nur undiplomatisch und unklug. Das gewöhnliche und unangenehme Herrenreiter-Gehabe sendungsbewusster Politiker?
Bleiben noch die Grünen als Koalitionspartner. Zu denen hat Jutta Dittfurth in den letzten Jahren die beste Aussage geliefert: „Unsympathischer als die Grünen sind nur noch ihre Wähler.“ Was soll man also dieses Jahr wählen? Am besten nichts? Oder vielleicht etwas Exotisches: Erststimme DKP, Zweitstimme CDU - oder umgekehrt?

Donnerstag, 22. August 2013

bird of gongs



am 15. juni 2006 stand ich um 4 uhr morgens inmitten meiner metallidiofone in meinem garten es war eine wolkenlose nacht der mond war fast voll die geräusche des sees & eines leichten winds hoch fliegende long-distance-flights in verschiedene richtungen ein heller satellit ungewöhnlich schnell von südwesten nach nordosten ab & zu ein lkw auf der entfernten strasse ich warte auf die ersten vogelstimmen insekten fliegen nahe am mikrofon vorbei ich hatte manche gongs so gehängt dass sie vom wind bewegt sich klingend berühren konnten je weiter die zeit fortschreitet desto intensiver werden die vogelstimmen & die gongs  vögel & gongs scheinen sich zu mögen vogelstimmen insistieren auf unterschiedlichen rhythmischen strukturen gongs klingen aus bis zur unhörbarkeit (im gegensatz zu kirchenglocken) es ist so als ob manche vögel vom klang der gongs angezogen würden eine amsel lässt sich keine zwei meter über mir auf einen ast nieder & wird zur solistin (ich erinnere mich dass die nachtigallen plötzlich anfingen laut zu jubilieren als in den bombennächten meine geburtsstadt von lauten detonationen erschüttert wurde)

Hartmut Geerken

Die Edition ist gerade im Hybriden-Verlag erschienen. Heft mit CD und Originalcollage von Hartmut Geerken. Audio-CD (1:01:47). Limitierte Auflage von 25 Exemplaren.

Dienstag, 13. August 2013

Philippe Barcikowski

Philippe Barcikowski (1964 – 2013)


Philippe Barcikowski ist ein Künstler, der ein Einsiedlerleben am Rande von Paris geführt hat und nie in seinem Leben ausgestellt hat. Die Bilder sind ungewöhnlich, irgendwie autistisch und verrückt, auf der Suche nach der perfekten Harmonie. Der Detailreichtum ist ungewöhnlich, ebenso wie die Farbintensität und ihr Nuancenreichtum. Für die Zeitschrift "Vokabelkrieger" werden zum Thema "Risiko" zwei oder drei Arbeiten reproduziert werden, die diese Landschaften zeigen - immer mit einem Straßenkreuzer im Zentrum. Alles in allem sehe ich mir drei Mappen an - Gesichterstudien, Landschaften, Farbkomositionen und immer wieder Fahrzeuge. Verschiedene Automodelle und auch Traktoren oder Baufahrzeuge. Philippe Barcikowski war nach den Worten seiner Schwester Helena anspruchsvoll in seiner Kunst, kompromisslos und unversöhnlich. Trotz ihres Detailreichtums sind diese Bilder seltsam starr und dramatisch, obwohl sie oberflächlich an naive Malerei erinnern. Ein autistischer Henri Rousseau im 21. Jahrhundert? Im Internet findet man noch kaum etwas über Philippe Barcikowski, der in diesem Jahr an der seltenen Krankheit ALS verstarb. Eine Notiz findet sich in einer französischen Galerie. Weitere Ausstellungen sind jetzt geplant. 

http://www.sudouest.fr/2012/11/26/les-oeuvres-atypiques-de-philippe-barcikowski-889796-4171.php

Samstag, 10. August 2013

Kein Auto, keine Beine



Am Hauptbahnhof Hildesheim schrie eine Frau die ganze Zeit eine Gruppe von Taxifahrern an: "Du Arschloch, du blödes Arschloch. Die Frau war amputiert und ihr habt sie nicht mitgemommen." Das Taxi war ein größeres Auto, ein Transporter. Aber wer von dieser Gruppe war gemeint. Der Fahrer? Der Beifahrer? War das ein Krankentransporter? Halbherzig versuchte man die Frau zu beruhigen, aber die brachte sich noch mehr in Rage. "Du blödes Schwein. Die arme Frau hat keine Beine mehr und ihr habt sie nicht mitgenommen." Der Streit drohte zu eskalieren. Kam es jetzt zu Handgreiflichkeiten? Noch einige Male wiederholten sich die Beschimpfungen, immer etwas lauter. Jetzt drohte auch ein Taxifahrer mit Prügel. "Du alte Schlampe. Halt endlich das Maul." Dann wieder die bekannten Ausfälle der Frau: "Fick dich, du dummes Schwein. Die Frau konnte nicht mehr laufen und ihr habt sie dagelassen." Andere aus der Gruppe mussten den Beleidigten zurückhalten, der auf die Frau losgehen wollte. Die Frau war nicht mehr jung und es ist schwer zu sagen, ob sie alkoholisiert, psychisch krank war oder einfach nur Recht hatte. Dann stiegen die Männer ein, der Transporter fuhr fort und die Frau fluchte noch einige Male laut und einsam und machte sich dann auf ihren Weg. Auf dem Parkplatz wurde es wieder still. Viele hatten die Szene neugierig und aufmerksam betrachtet ohne zu verstehen, worum es eigentlich ging. 

Sonntag, 28. Juli 2013

too much of nothing

Ein anderes Poem von Egon Günther, abgeschrieben
und mit einer Zeichnung von H.A. zur "Odenwald-Odyssee"

von allem zuviel
nur die luft wird
bald knapp
von allem zu wenig
nur die halde
wächst und wächst
von allem etwas
doch nichts
macht mich an
von nichts kommt 
nichts
aber nichts kann
auch sehr viel sein
zu viel davon
kann einen leicht
krank machen
und auf 
abwege 
bringen
etwa den Erlöser
schmähen lassen
oder noch schlimmeres

Egon Günther

(Weilheim, 15. Februar 2008)

Gedicht zitiert aus SOUVENIRS & LEFTOVERS, Ostheim/Rhön 2008

Bücher von Egon Günther:


Mittwoch, 17. Juli 2013

Fliegenpilz-Carppaccio


Elektronikengels Botschaft # 5 - Rausch und Freiheit

Zu Gast ist der Sounddesigner Christoph S.

Jahrzehnte lang hat Christoph S. alle Arten von Drogen konsumiert, bis mit "König Alkohol" eine Suchtkarriere begann, die achtzehn Jahre lang anhielt und dreizehn Entgiftungen zur Folge hatte. Nach seinen Drogen- und Suchterfahrungen lebt Christoph S. heute trocken und clean in Berlin.

Themen: Freiburg, Hochburg grüner Spießigkeit? Eine Kindheit im Katholizismus. Gammler statt Priester. Nomadenleben in Freiburg, München, Zürich, Barcelona. Dekonstruktion sozialer und anderer Realitäten. Halluzinogene als Überlebensstrategie. LSD, Meskalin, Psilocybin, Stechapfel, Haschisch, Marihuana und Fliegenpilz-Carpaccio. Amon Düül II und die Aufforderung kein LSD zu nehmen. Hippie-Romantik. Die Alkohol-Falle. Landeskrankenhaus Emmendingen. Psychiatrie in den 1970er Jahren. Distraneurin mit Freigang. Langzeittherapien. Dreizehn Entgiftungen in achtzehn Jahren. Spielsucht und wie man sein Erbe im Spielautomaten verprasst. Kokain und Pfefferminztee. Das Synanon-System. Gravitative Spiritualität. Anonyme Alkoholiker. Freiheit statt Nüchternheit. 

Sendung am 20. Juli 2013 um 20 Uhr im freien Künstlerradio reboot.fm
UKW 88, 4 MHz in Berlin und 90,7 MHz in Potsdam

Am Mikrofon: Hartmut Andryczuk

http://reboot.fm

Update: Die technischen Probleme bei dem Peilsender scheinen anzudauern. Ein späterer Sendetermin wird bekanntgegeben. (21.07.2013)

Sonntag, 7. Juli 2013

Yes, we scan

Bradley Manning, ein amerikanischer Held


Vor einigen Tagen machte sich in einem nächtlichen Telefongespräch mit einem Freund ein permanent schmatzendes, surrendes und pfeifendes Geräusch in der Leitung bemerkbar. Paranormale Stimmen oder EVP-Phänomene waren es sicher nicht, aber vielleicht hörte die NSA routinemässig mit. Nachdem das Schmatzen, Pfeifen, Quietschen, Surren und Knarren nach 10 Minuten nicht verschwunden war, entschlossen wir uns zu einem Experiment mit Reizwörtern. Und tatsächlich setzte das Geräusch bei den Wörtern Bombe, Sprengstoff, Chemie-Unfall, Al-Kaida, Waffen oder Uran kurz aus. Ein längerer signifikanter Aussetzer machte sich bei dem Wort Syrien bemerkbar. Also wiederholten wir nach bestimmten Wortketten immer wieder das Wort Syrien. Und siehe da, die längeren Aussetzer blieben jedes Mal nach der Nennung dieses Begriffs. Die letzten 15 Minuten unseres Telefonats unterhielten wir uns über Hosen, also Marken, Material, Preise, Haltbarkeit. Und das Geräusch verschwand vollständig. Vielleicht weiß die NSA ja noch nicht, dass auch ein Gespräch über Hosen codiert sein kann und W34/L34 etwas anderes als Weite und Länge bedeuten kann. 

Ein Bekannter schickte mir folgende E-Mail: "Hallo, Edward Snowden wird weltweit gejagt, weil er Geheimdienst-Programme offenlegte, die unsere Bürgerrechte verletzen. Deutschland muss ihm jetzt Zuflucht gewähren – und Hinweisgeber wie ihn per Gesetz schützen! Ich habe gerade einen Appell an Kanzlerin Angela Merkel unterschrieben. Unterzeichne auch Du den Campact-Appell: Beste Grüße, xxx" Dazu schreibt er noch folgendes persönliches Statement:  "..ich fände es ABSOLUT BESCHÄMEND, WENN wir diesem jungen Mann, der diese außerordentliche Zivilcourage bewiesen hat, nicht beistehen!" Ich bin irritiert. Warum ist "ABSOLUT BESCHÄMEND, WENN" in Versalien geschrieben worden und warum soll ich mich „SCHÄMEN“, wenn ich nicht unterschreibe? Und warum macht man aus einer allgemein bekannten Sache, die derzeit in jeder bescheuerten Talkshow diskutiert wird, eine persönliche Sache? Ich antworte darauf: "Lieber xxx, Edward kann bei mir für einige Tage wohnen. Du kannst ihm ruhig meine Telefonnummer geben. Liebe Grüße, H." Und natürlich unterschreibe ich die Petition. Warum auch nicht? 

Abgesehen davon, dass Edward Snowden bessere Asylmöglichkeiten als Berlin-Friedenau hat (nämlich Venezuela und/oder Nicaragua), ist er derzeit der große amerikanische Held, der Super-Whistle-Blower in der Liga von Julian Assange.

Der wirkliche amerikanische Held ist aber Bradley Manning, der Wikileaks-Informant und ich erinnere mich nicht daran, dass soziale Netzwerke wie Avaaz oder Compact dabei zu Petitionen aufgerufen haben. Bradley Manning verströmt weder Glamour noch Revolutionsromantik. Wie sein Alltag aussah und zum Teil noch aussieht, kann man bei der „Allwissenden Müllhalde“ nachlesen:

„Er musste sich 23 Stunden am Tag in seiner Zelle aufhalten und hatte auch in der restlichen Stunde keinen Zugang zu Nachrichten und aktuellen Informationen. Bettlaken oder Kissen wurden ihm verwehrt. Die Bedingungen entsprachen denen eines Supermax-Gefängnisses mit Isolationshaft, die zu psychischen, kognitiven und körperlichen Schäden führen können. Im März 2011 wurde über seinen Verteidiger David Coombs bekannt, dass Manning ohne Erklärung seine Kleidung abgenommen worden und er gezwungen worden sei, nachts sieben Stunden lang nackt in seiner Zelle auszuharren. Danach habe er nackt vor seiner Zelle antreten müssen. Die gleiche erniedrigende Form der Behandlung werde bis auf weiteres wiederholt. Brian Villiard, ein Sprecher des Gefängnispersonals, bestätigte den Vorfall unter Berufung auf die Gefängnisregeln.Eine schriftliche Beschwerde Mannings selbst über seine Haftbedingungen wurde sechs Monate später abgelehnt.“

Montag, 1. Juli 2013

Radtour zu den Quasaren



Oderbruch, Hochwassergebiet im Nibelungenland. Gerade habe ich auf dem Weg nach Usedom die Hauptstadt des Spritzkuchens passiert. Eberswalde. Die haben dort auch eine Psychiatrie, wo die Patienten mit Springerstiegeln und Tarnkleidung im Bett liegen und Mineralwasser ohne Kohlensäure trinken, abends zu Abilify und Diazepam. 

Jetzt bin ich im Niemandsland zwischen Jazzweg und Jetztweg. Aus dem Lautsprecher ertönt eine Stimme wie bei der Ankündigung eines Atomsschlags „Bitte die Fahrtrichtung links aussteigen". Es ist alles grün hier. Auf dem Mars ist alles rot - zumindest in meinem Einsatzbereich. 

Das Maler-Genie aus Schiffmühle braucht einen engen Raumanzug und dann geht`s schnell auf dem neuen Fahrrad vorbei an den schwer atmenden Willi Sitte. Dem fehlt einfach die Kraft und die Leichtigkeit. Obwohl er beides sicher einmal hatte. Kraft durch Freude an der Landschaft. Willi Sitte kommt nicht weit und verdampft bereits in den oberen Atmosphären der Venus. Während es bei dir mit gleichbleibendem Kraftaufwand immer schneller geht.


Nach Pasewalk leerstehende Häuser mit Hansa-Hools-Slogans oder auch Hansa Ultras. Im Abteil Männer in Dreiviertelhosen mit Bauchtaschen und Nationalist-Turnschuhen. Ein anderer schleppt schweren Schrittes eine Plastiktüte mit dem Aufdruck „Genuss ist tragbar“. Ein Glatzkopf mit Sonnenbrille trinkt „Freiberger Bier“. 

Weitere Volkskunde: zuviele Männer mit zu langen Nasenhaaren. Windräder bewegen sich synchron wie eine BDM-Gruppe bei der Medizinball-Gymnastik. Und manche T-Shirt-Aufdrucke lassen sich nicht lesen, da die kompletten Schriftzüge von Hemden oder Sakkos bedeckt sind - nearllly... 50 St... Texas... Boarding... Manhattan Yacht...


Wenn du mit dem Ionen-Fahrrad am Mars vorbei radelst, bin ich nicht mehr dort. Ich schaue nun auf einem beschissen waldorfartig geschwungenen Schriftzug an einer Häuserwand: Haus Godewind. Von aussen könnte das eine Ferienwohnung, ein Friseur oder ein Bootsschuppen sein. Es ist noch ein langer Weg, bis du Rudolf Steiner auf dem Pluto treffen wirst, dieser Eiskugel, welcher der Planetenstatus aberkannt wurde.

Um mich herum auch nur Zwergplaneten. Zwergplaneten in Dreiviertelhosen mit Löwenzahnblättern vor einem Kaninchenstall. Mitten darin drei Iltisskulpturen. Ich habe mich schon immer über diese hemmungslose Ästhetik der Ostdeutschen gewundert. Jedes Kaff hat dort eine Spezialität - Kunsthandwerkerinnen in trojanischen Kutten fertigen Goldschmuck nach Schliemanns Ausgrabungen an. 


Meer vor Koserow. Die Auswirkungen des Unsichtbaren nehmen zu. Satellitenstrahlungen der mobilen elektronischen Geräte, die Fließ-geschwindigkeit des Blutes, der Sonnenwind, der die Erde versucht zu durchdringen, aber durch das Magnetfeld gehindert wird. 

Textprobe aus Ottfried Zielke & Hartmut Andryczuk, Radtour zu den Quasaren, Berlin 2013

Den ganzen Text kann man hier hören:

https://soundcloud.com/hartmut-andryczuk/radtour-zu-den-quasaren