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Dienstag, 14. Januar 2014

Der Grünspecht 1955


Der Grünspecht
Da kommt er geflogen. In schnellen und schnittigen Zügen überquert er in seinem Wellenflug die sonnige Waldlichtung. Da sieht er am Waldrand einen alten, halbverrotteten Baumstumpf und fliegt darauf zu. Schon hört man sein bekanntes Klopfen. Hier ist er in seinem Reich! Die Späne fliegen, da ist eine Spinne, die klebrige Zunge schnellt heraus, und schon ist das kleine Insekt in seinem Schnabel verschwunden. So geht es all den kleinen Kreaturen, die vor seine Augen kommen. Nun scheint er genug zu haben und schwingt sich ab. Er hinterläßt eine Menge Späne, die alle um den Baumstumpf liegen. Das heißt man eine Spechtschmiede.
Der kleine Waldzimmermann überfliegt jetzt eine Schonung. Zwischen den jungen Tännchen entdeckt er einen kleinen Hügel von ungefähr einem Meter Höhe. Es ist die Burg der roten Waldameise. Vorher hat er schon genug gefressen, aber dieser Lockung kann er nicht widerstehen. Hastig stürzt er darauf zu und fängt auch schon an, in dem Ameisenhaufen herumzuhacken. Er frißt alles, Ameisen, Puppen, Larven und Eier. Das ist ein Schmaus, so etwas bekommt er nicht alle Tage.
Nun erst kann man seine Gestalt und seine Färbung richtig erkennen, denn ein Sonnenstrahl bricht durch das Laub und trifft den fleißigen Kerl bei seiner Arbeit. Der Schnabel ist sehr stark und kegelförmig. Der Kopf und der Leib sind gestreckt, die Füße kurz. Der Körper, die Flügel und der Schwanz sind olivgrün bis gelb, die Flügel dagegen sind noch mit etwas braun verwaschen. Auf dem Kopf hat er ein lustiges rotes Käppchen.
Nun hat der Specht auch von seiner Lieblingsspeise genug. Er fliegt weiter, um sich in der warmen Mittagssonne ein schönes Plätzchen auszusuchen, auf dem er sich ausruht, um für weitere Taten gerüstet zu sein.

(Hartmut Geerken in der Sonntags-Zeitung der Südwest-Presse, Tübingen, Nr. 21, 7. Jg., 22. Mai 1955)

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